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Moderner Stil Ahadsis und traditioneller
Ewe-Stil im direkten Vergleich
Ahadsis Technik des Figuren- schweissens dargestellt als Selbstbildnis
Eine von Ahadsi's unverblümten
Darstellungen
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Kunstbetrachtung und Erläuterungen der Skulpturen von Didier A. Ahadsi
Einleitung: Didier
Ahadsi stellt einen besonderen Künstler der afrikanischen Moderne
dar, einen authentischen Künstler, dessen Skulpturen nur auf den
ersten Blick leicht begreifbar zu
sein scheinen. Vieles spricht zwar überzeugend für sich selbst,
hinter dem offenkundigen Witz und Esprit seiner Figuren verbergen
sich jedoch oft auch tiefgreifendere Aussagen sowie auch
teilweise der afrikanischen Tradition entstammende Weisheiten.
Eine allgemeine Beschreibung seiner Kunst fällt so schwer da sich
der Künstler kaum in irgendwelche Schubladen oder gängige
Klischees einordnen lässt, trotzdem sei mir hier ein Versuch der
Annäherung gestattet:
Authentizität: Oft stellt sich für den Sammler und den
Kunstliebhaber als Erstes die Frage nach der Authentizität und
Originalität des Künstlers und seiner Werke. Dies könnte
durchaus der erste Schritt sein, sich den tatsächlichen Aussagen
von Ahadsi's Werken zu nähern: Didier Ahadsi entstammt dem Volk
der Ewe, einer Volksgruppe die den traditionellen Werten Afrikas noch
immer eng verbunden ist und die Umgebung des Künstlers war und ist
stark spirituell geprägt und steht im Spannungsfeld zwischen der
zunehmenden Modernisierung und alter afrikanischer Tradition.
Tatsächlich hatten einige der frühen Werke Ahadsi's
religiösen Charakter und wurden von Auftraggebern bestellt, die
diese modern gefertigten Figuren in den traditionellen Ritus zu
überführen beabsichtigten.
Im Ursprung sind vor Allem zwei Figurentypen in Togo und den Nachbarländern
sehr gebräuchlich: Zum Einen ein weites Spektrum von Geisterwesen Legba des Vodoon-Kultes und zum Anderen die bekannten Zwillingsfiguren Venavi der Ewe.
Wie in den meisten Fällen ist die Gestaltung dieser traditionellen
Figuren, auch dann wenn diese aus modernen Materialien gefertigt
werden, an eine bestimmte formale Aussage gebunden und es steht dem
Künstler hier nicht zu, die Figuren stilistisch frei zu gestalten,
lediglich in der Ausführung der Details sind individuelle
Feinheiten gebräuchlich.
Obwohl die autodidaktische Kunst Ahadsi's sich im Laufe der Zeit -und durch die
Reflektion durch den Umgang mit europäischen Sammlern- von religiösen
Ansätzen hin zur freien Kunstform entwickelt hat, bleibt zumindest
ein wesentliches Stilmittel der Tradition verhaftet: Es fällt
meist erst auf den zweiten Blick auf, dass die Gesichter der Figuren,
trotz sehr unterschiedlicher Charaktäre und Themen, sich sehr
stark ähneln, auch Haar- und Barttracht sind auffallend
konform zueinander gestaltet; subtiler, meist nur noch zu erahnen, sind
auch Details der Körperhaltung vieler Figuren, die -trotz der sehr
individuellen Gestaltung- immer noch Ansätze der
ursprünglichen traditionellen Figuren der Ewe erkennen lassen
(traditionelle Ewe-Venavi-Figuren sind in streng aufrechter Haltung und
fast immer symmetrisch konzipiert). Didier Ahadsi ist es gelungen genau
diese formale, streng aufrechte Grundhaltung -trotz Abkehr von der
klassischen Disproportion mit der Hinwendung zu naturalistischeren
Zügen- immer noch ansatzweise in
seine sonst sehr aufgelockert gestalteten Figuren einfliessen zu
lassen. Ahadsis
Figuren drücken zudem
das Körperbewusstsein der jungen afrikanischen Gesellschaft auf
besonders attraktive Weise und durchaus selbstbewusst aus. Stilistische
Brüche mit der Tradition, ohne dabei die ethnologischen Wurzeln zu
verleugnen, stellen somit ein wesentliches gestalterisches Element dar.
Genau hierdurch entsteht eine höchst attraktive Spannung, die sich dem Betrachter indirekt mitteilt und als eine der Ursachen für die besondere Ausstrahlung der modernen Figuren Ahadsi's anzunehmen ist.
Didier Ahadsi's zeitgenössische Figuren haben somit kulturell einen rein afrikanischen
Hintergrund und erfüllen nicht nur dadurch höchste
Ansprüche, bes.
bezüglich der gestalterischen Eigenständigkeit und
künstlerischer Authentizität. Der Vergleich mit promineneten
europäischen Künstlern, der so vielen afrikanischen
Künstlern aufgebürdet wird, versagt hier völlig.
Bezeichnungen wie "Der Picasso Afrika's" eine Bezeichnung die dem tansanischen
Künstler Georges Lilanga verliehen wurden, verfehlen hier
völlig, denn zu eigenständig ist Ahadsi's Kunstform. Auch gewagte
Vergleiche mit Heinrich Zille (Zille sein Millieu) oder mit der Umsetzung der -in Skulpturen verwandelten- Saft
und Kraft Prosa eines Charles Bukowski, können nicht standhalten,
beide genannten Autoren hatten sich den Randgruppen bzw. den Unterschichten der Gesellschaft
verschrieben, während Ahadsi die togoische Gesellschaft in ihrer Gesamtheit
portraitiert.
Die Technik: Ahadsi's
Figuren und Figurengruppen sind in ihrem Grundaufbau aus
Karosserieblechen geformt und verschweisst, es ist -auch bei
näherer Betrachtung- sofort augenfällig welche enorme
Kunstfertigkeit Ahadsi entwickelt um das banale, kalte Material der
Autobleche in völlig neue, stark verfeinerte Formen zu
transferieren: Die Körperformen sind fliessend und schwungvoll
gestaltet, besonders bei den weiblichen Figuren wird eine höchst
attraktive erotische Aussage umgesetzt. Unterstrichen wird dies
eindrucksvoll durch die sorgsam gerundeten Körperformen die
eigentlich mit diesem "harten und starren"
Material der Autobleche technisch kaum machbar zu sein scheinen.
Die Verwendung von Menninge zur Rostvorbeugung wurde fachgerecht dem
Karosseriebau entnommen, die Gestaltung der Bemalung mit Autolack
jedoch künstlerisch frei gestaltet, wobei die Farbigkeit -als Reflektion
des afrikanischen Umfeldes- kühn umgesetzt wird, dies jedoch ohne
dabei in schrille oder gar sehr aufdringliche Farbkombinationen abzugleiten.
Im Einzelfall sind einige Accessoires beweglich gehalten, so z. B.
Trinkbecher oder auch Werkzeuge die mittels loser Verschraubung
eingeschränkt beweglich sind. Der Grundaufbau ist jedoch stabil gehalten
um die genial eingefangenen Bewegungen nicht durch den
Betrachter abändern zu lassen.
Recycling-Kunst? Es
wäre sicherlich falsch die heutigen Werke Ahadsi's der
Recycling-Kunst zuzuordnen (wenngleich eine der Wurzeln von Ahadsis
Kunst
durchaus diesem Metier entstammt). Längst hat sich Ahadsis
Skulptur
von der -oft aus der Not geborenen- Resteverwertung lösgelöst
und verselbständigt. Waren die Figuren seiner Kindheit aus
Dosenblech kurzlebig und als Spielzeug billigster Art ausgeführt,
sind die heutigen Werke sehr langlebig und die verwendeten Materialien
wurden zudem -als Basis für seine Kunstwerke- dauerhaft dem
Wirtschaftskreislauf entzogen, es handelt sich also eher um das
Gegenteil von Rückführung bzw. zweckmässiger
Weiterverwendung. Es kommt der Umstand hinzu dass
längst nicht mehr nur Abfallstoffe, sondern auch hochwertige neue
Materialien zum Einsatz kommen. Die Figuren Ahadsis stellen eine
selbstbewusste Etablierung von der ursprünglichen Resteverwertung
dar, sie sind vielmehr die Hinwendung zu frei gewählten
Materialien, solche Materialien die zur Entstehung eines Kunstwerkes
notwendig sind
und unterstehen in ihrer Auswahl nicht mehr dem Diktat der kostenlosen
Verfügbarkeit.
Die Sujets: Die Themen
Ahadsis beziehen sich vornehmlich auf Motive seiner Heimat Togo und
speziell auf urbane Motive der Hauptstadt Lomé, seines direkten
Umfeldes. Waren seine frühen Werke eher noch der dekorativen
afrikanischen Kunst zuzuordnen, mit Ausnahme der Stücke die
für rituelle Zwecke in Auftrag gegeben wurden, kann Ahadsi seit
2002 den Übergang zur bildenden Kunst nicht mehr leugnen, nicht
zuletzt auch durch den
zunehmenden Kontakt mit europäischen Sammlern.
Demzufolge sind die einzelnen Themen sowohl als Eigenschöpfungen
als auch durch Anregungen von ausserhalb entstanden, die Umsetzungen
bleiben aber aber grundsätzlich dem eigenständigen Stil des
Künstlers verhaftet.
Die Figuren vertreten nicht nur humoristische Aussagen, sondern auch
das allgemeine Lebensgefühl der jungen afrikanischen Gesellschaft der
Gegenwart, viele Werke vermitteln dabei sogar eine Form von Poesie die
in der traditionellen Kunst Afrikas unbekannt ist. Die Motive
reflektieren auch Wünsche und Hoffnungen, Eitelkeiten und die
kleinen und grossen Schwächen, die den Menschen allgemein -nicht
nur in Afrika- so elementar sind. Vieles kommt auch dem
europäischen Betrachter nur allzu bekannt vor, nicht selten aus
eigener leidvoller Erfahrung, worauf die gelegentlich auch recht
sarkastischen Darstellungen anspielen: Ahadsi scheut dabei nicht die
Anstössigkeit die der brutalen Wahrheit und Realität vieler seiner
Themen innewohnt, es gelingt ihm auch mit Bravur diese Dinge zugleich
humorvoll darzustellen ohne sie dabei der Lächerlichkeit
preiszugeben.
Nichts scheint dem Künstler verborgen zu bleiben und nichts wird
tabuisiert oder auch nur geschönt, entsprechend weitläufig
ist der Reigen seiner thematischen Umsetzungen die noch reichlich weiteres Potential erahnen lassen...
Uwe Schade, Wolfenbüttel, im Sommer 2012
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