Als
im 19. Jahrhundert der afrikanische Kontinent von Europa aus immer
eingehender erforscht wurde, stiessen die Entdecker auf ein komplexes
Kunstschaffen das schnell in Europa auf Erstaunen und Begeisterung
stiess. Diese ursprüngliche
traditionelle Kunst in Afrika wurde von
europäischer Seite aus anfangs noch nicht mal als echte Kunst
wahrgenommen sondern eher als Kuriosität, man blickte auf die
primitive
Kunst herab, konnte sich aber trotzdem dem besonderen Reiz nicht
entziehen. Gemeinsam ist der Überzahl
der afrikanischen Kunstwerke der
früheren Zeit ihr ritueller Verwendungszweck, also zur
Verwendung meist
innerhalb der eigenen Glaubensgemeinschaft, somit die zweckgebundene
Erschaffung ohne die Absicht des Verkaufs an Aussenstehende.
Diese religiös motivierte Kunstform Afrikas
kann analog
zu den europäischen Werken des ebenso tiefreligiösen
Mittelalters gesehen werden. Hatten
sich in Europa jedoch spätetestens seit der Rennaissance mehr
und
mehr nichtreligiöse Motive in der bildenden Kunst entwickelt,
befand sich der
afrikanische Kontinent im 19. Jahrhundert noch in tiefer
religiöser Verwurzelung mit allen Dingen, deren fester
Bestandteil
auch die Kunst war und teils noch bis heute ist.
Relativ spät,
praktisch erst gegen Ende der Kolonialzeit, kam es aber
auch in
weiten Teilen Afrikas zum Entstehen moderner Kunstformen (gemeint sind
hier die nicht mehr für einen Ritus hergestellten Werke, zumal
in
dieser Zeit auch die traditionelle afrikanische Kunst immer
häufiger parallel als Kunsthandwerk für den
Markt
erschaffen wurde). Es erscheint die logische Entwicklung einer
Gesellschaft, die sich immer stärkeren modernen
Einflüssen
ausgesetzt sieht, ebenso freiere Kunstformen zu entwickeln und diese
zunehmend als Ausdrucksmittel zu verwenden, d. h. sich über
die
moderne Kunst zu artikulieren. Auch der afrikanische Kontinent kann
sich der modernen Entwicklung sowie zeitgemässer Kommunikation
nicht entziehen. Die vielgescholtenen Schlagworte Globalisierung in
Kombination mit (amerikanisch verordneter) Demokratisierung
haben der wirtschaftlichen, künstlerischen und
gesellschaftlichen
Entwicklung Afrikas somit auch positive Impulse verliehen.
Es sei ganz klar
angemerkt, dass die frühen modernen Kunstformen in Afrika auch
durch den Einfluss des stärker werdenden Tourismus
gefördert
wurden. Oft aus der Not entstanden in den Touristenzentren witzige
Malereien die für wenig
Geld an interessierte Touristen als originelles Andenken verkauft
wurden, ein Phänomen das bis in die Gegenwart zu beobachten
ist
und leider nicht immer künstlerischen Standards
standhält.
Einige der talentierteren frühen "Afrikanischen Modernen"
jedoch
konnten durch ihre Kunst sogar einen nachhaltigen Lebensunterhalt
erwirtschaften und es begannen sich privat geführte Malschulen
und
Workshops zu entwickeln die sich zum Teil bis in die Gegenwart gehalten
haben. Somit begann auch die selbstorganisierte Förderung
junger talentierter
Künstler die sich nun hauptberuflich auf ihre Kunst
konzentrieren
konnten und sich damit auch qualitativ immer weiter entwickelten. Hinzu
kam ferner das Entstehen von staatlichen Kunsthochschulen, nicht
zuletzt auch aus Prestigedenken der jungen unabhängigen
afrikanischen Staaten,
welche die akademische Kunstbildung und Förderung einem
kleinen
Teil der Künstler zugänglich machte -und bis heute
fortbesteht- wobei dieses akademische Phänomen aber keineswegs
alleine für das Entstehen
und den Aufstieg der neuen afrikanischen Kunst ursächlich ist.
Neben dem klassichen Touristenmarkt in
Form von Airportart ist so eine neue selbstbewusste
Kunst entstanden die sich mit den Werken europäischer
Künstler mühelos messen kann, beeindruckend ist
jedoch, dass
sich die meisten afrikanischen Künstler treu geblieben sind
und
sich durch ausserafrikanische Einflüsse zwar anregen lassen,
ohne
sich dabei jedoch zu korrumpieren oder anzubiedern. Dies wird durch die
häufig anzutreffende Originalität und Einmaligkeit
vieler
moderner afrikanischer Kunstwerke schnell deutlich und verdient eine
nähere Betrachtung: In jüngerer Zeit
internationalisiert sich
der europäische Kunstmarkt zusehends und immer
häufiger
werden grosse Ausstellungen auch für
aussereuropäische Kunst
initiiert, so lag der erweiterete Fokus der Dokumenta (2007 in Kassel),
neben dominanten Werken des chinesischen Künstlers Ai Weiwei,
auch
stark auf den Werken afrikanischer Künstler, u. A. Romuald
Hazoumé (Nigeria), George Osodi
(Nigeria), Guy Tillim
(D. R. Kongo), Abdoulaye Konaté (Mali) die eine
sehr
eindrückliche, authentische afrikanische Sprache in ihren
Werken
erkennen lassen. Oft übermittelt sich zudem eine Frische und
Unverbildetheit die manchen europäischen Künstler
bereits
abhanden gekommen zu sein scheint.
Es lohnt sich sehr den sich rasch entwickelnden, mittlerweile recht
grossen afrikanischen Kunstmarkt zu beobachten, hier liegt noch grosses
Potential verborgen das seiner künftigen Entdeckung harrt
zumal
der Sammler und Liebhaber hier heute (immer noch) mit vergleichsweise
recht günstigen Preisen überrascht wird.
Uwe Schade, 2012